Hier ergoss sich die Welle des Dammbruchs in die Glashütter
Hauptstraße:
Auch in Glashütte mussten Menschen per
Hubschrauber aus umfluteten Häusern gerettet werden.
Über diese Einsätze berichtete die Sächsische Zeitung am
27.08.2002:
„Den Rest haben uns die Piloten erklärt“
Sie riskierten ihr Leben: DRK-Helfer von Dippoldiswalde holten
Menschen vom Dach
Es war am Abend des 12. August. Vier Menschen
auf der Teufelsinsel an der Talsperre Malter schrien um ihr
Leben. Sie brüllten gegen die Sturzflut an. Das Wasser riss an
ihrem Haus. „Und wir kamen nicht zu den Leuten“, erzählt
Michael Ebert vom der Freiwilligen Feuerwehr Dippoldiswalde und
Helfer beim DRK. „Wir waren nur 100 Meter entfernt.“ Gegen
die Wucht der Flut aber half kein Feuerwehrauto. Im Taucheranzug
stieg Michael ins Wasser. „Halb schwimmend, halb ersaufend
habe ich mich durchgequält zum Haus“, berichtet er. Nur raus
mit den Leuten, hieß es für ihn. Irgendwie über ein Fenster
in das andere Gebäude. Das Wasser brach schon die Mauern.
Mit im Haus waren ein 88-jähriger Mann mit
seiner Frau. „Wir mussten alle aufs Dach. Die alten Leute
hatten es schwer. Und als wir alle oben waren – da war es weg,
das Haus.“ Aufgerissen und aufgefressen von der Weißeritz.
Dann kam der Hubschrauber. Es war Rettung in letzter Minute.
Diesen 12. August wird Michael nie vergessen.
Zu Hause nichts erzählt
Michael Ebert ist 33 Jahre alt, verheiratet und
hat drei Kinder. Seiner Frau Silvia hat er von der Rettung
nichts erzählt, auch nicht davon, dass er am Dienstag wieder im
Hubschrauber saß und sich über der Flut abseilen ließ. Das
weiß sie von anderen. „Es ist okay jetzt“, sagt sie „Mein
Schreck und Zorn hat sich gelegt.“ Silvia arbeitete selbst
beim Katastrophenstab in Dipps.
Auch Torsten Bohls, Rettungsassistent beim
Dippser DRK, hing am Katastrophendienstag in den Seilen eines
Hubschraubers der Bundeswehr und holte die Menschen aus der
Flut. Für Torsten und Michael war die Rettung aus der Luft neu.
„Ich weiß, es war riskant damals, aber wir
hatten keine andere Wahl“, erklärt Axel Werthmann, Geschäftsführer
des DRK in Dippoldiswalde. Er ist froh, dass er seine Leute
gesund wieder hat. „Die Hubschrauber kamen mit topp Piloten,
aber ohne weiteres Personal. Es war der pure Wahnsinn, was
Michael, Torsten und die anderen Retter sich zugemutet haben“,
sagte er. „Ich konnte sie aber auch nicht abhalten von diesen
Aktionen. Und wenn sie nicht bereits langjährige
Klettererfahrungen in den Bergen gehabt hätten, wäre das auch
nicht in Frage gekommen.“
„Nützlich war tatsächlich, dass wir mit
Seilen und Sicherungen umgehen konnten“, berichtet Torsten
Bohls. „Den Rest haben uns die Piloten erklärt, dann ging es
schon los. Muffensausen habe ich nur bei den Babys gehabt. Denn
die Gurte sind für Erwachsene ausgerichtet, nicht aber für so
kleine Menschlein. Trotzdem ich aus der Rettungsschlaufe eine
Tragekonstruktion ähnlich einem Geschirr baute, hielt ich die
Winzlinge noch fest und war erst ruhig, als sie im Hubschrauber
lagen.“
Extremklettern als Hobby
Torsten ist 31 Jahre alt. Er wohnt in
Seifersdorf. „Doch mein Herz hängt noch an Altenberg“, sagt
er. Klettern sei sein Hobby, Extremklettern. Zwölf Stunden lang
hievte er am Katastrophen-Dienstag die Menschen in die
Hubschrauber.
An einen Einsatz in Glashütte kann er sich noch
genau erinnern. Schnell musste es gehen. 13 Menschen waren in
einem Haus eingeschlossen. „Ich ließ die Leute auf dem Dach
anstellen, damit es geordnet zu ging.“ Kisten und Stühle
baute er zu einer provisorischen Treppe an die engen und hohen
Dachluken. „Nachdem ich alle Menschen raus und die Genehmigung
vom Piloten hatte, sackte ich zum Schluss auch noch die
Haustiere ein“, berichtet Torsten. „Das wuselte nur so um
mich, zwei Hunde, drei Katzen, alle in eine Tasche und ab nach
oben. Die Kinder waren glücklich.“
Acht Hubschrauber starteten am Dienstag von
Dippoldiswalde aus. Mit dabei waren Wieland Franke und Steffen
Kirsch. Auch sie setzten ihr Leben aufs Spiel, um anderen zu
helfen. Auch sie ließen sich an Seilen über Schlottwitz,
Schmiedeberg, Freital, Tharandt, Glashütte oder Ulberndorf
herab. Beide sind Familienväter. Seit Jahren arbeiten sie beim
DRK. Aus Altenberg und Geising stammen sie.
„Ohne all die Verrückten“, so Axel
Werthmann, „wer weiß was da gewesen wäre. 123 Menschen haben
sie raus geholt!“ Einer der letzten Rettungsflüge ging am
Mittwoch nach Geising. In der Maschine saß Rico Wapki, von der
Bergwacht des DRK.
von Ulrike Körber
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