Die mahnende "Buche"
Dort wo die ur-alten Buchen stehn
wie ein trutzig ehern Geschlecht,
wo alle Klagen im Sturme verwehn
steht einsam ein Holzfällerknecht.
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Ermüdet kehrt er vom Forste zurück
und betrachtet die Buchen mit
forschendem Blick
er steht wie gebannt - ... lächelt
und sinnt
ein fernes Gebell sein Ohr vernimmt.
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Er sucht aus der Tasche sein Messer
hervor,
die Blätter spielen im Winde
weshalb er sich diesen ur-Riesen
erkor?
und schneidet dann tief in die Rinde.
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Und weiter gräbt er mit sicherer Hand
dem Stamm eine blutende Wunde
hell leuchtets hervor auf grauer Wand
sein Name, der Tag und die Stunde -
ein Mahnmal für spätere Kunde.
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Er betrachtet die Runen mit stiller
Freude
von fern erklingt schon das
Abendgeläute
und faltet die Hände zu dieser Stunde
im "Tann" bellen des Försters Hunde.
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Die Hand hebt die Axt vom Boden auf -
ihm keimt eine Ahnung empor
dann eilt er vorwärts im raschen Lauf
das Gebell sich im Winde verlor.
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Und als er erreicht den dunklen
"Tann"
da eilt er den keuchenden Atem an
und lauscht gespannt in die Runde
laut heulten des Försters Hunde.
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Im vorwärtseilen in dieser Richtung
denkt er an jene verrufene Lichtung
er denkt an "Jörg", den wildernten
Gesell
immer lauter wird das Hundegebell.
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Der Förster sein Herr scheint in
schwerer Not
zwischen den Stämmen schimmert das
Abendrot
schweißtriefend betritt er die
Lichtung dann
am Boden liegt tot der Förstersmann.
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Das Moos ist zertreten vom harten
Kampf
den Knecht durchzuckt ein wilder
Krampf
laut heulen und winseln die Hunde -
und lecken die klaffende Wunde.
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Gestern noch um dieselbe Zeit
lagen sie beide im heftigen Streit
heut wollt er sich wieder versöhnen
die Reue folgt wie ein Schehmen.
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Die Axt entfällt der knochigen Faust
und wie ein Sturmwind von dannen
braust
jagt er durchs Jungholz weiter
als folgten gespenstige Reiter.
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Von Natur ist er furchtlos und mutig
-
die Dornen reißen den Körper blutig
stürmt weiter mit wilden Sätzen
seine Kleider hängen in Fetzen.
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Im Abendschein erkennt er das
Förstergebäude...
er keuscht über Felder und Wiesen...
im Hof klefft an der Kette die Meute
heut wird es kein freudig begrüßen.
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Er wankt in den Hof der Försterei
seine Herrin sinkt bleich - und mit
einem Schrei
vernimmt sie aus stockendem Munde
die unheilvolle Kunde.
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Die Förstersfrau wankt mit wehem Laut
wehmütig der Knecht ihr ins Auge
schaut
Beide ergrauen um Jahre,
die Knechte zimmern die Bahre.
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Ein Bote reitet zum nächsten Ort...
und meldet der Behörde den feigen
Mord
diese nimmt zu Protokoll das
Verbrechen
und wollen die Mordtat rächen.
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Der treue Knecht kommt scharf ins
Verhör...
erträgt alle Blicke und Fragen...
Axt, Streit und Wunde belasten ihn
schwer
wem soll er seine Unschuld klagen?
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Sie sind verhaftet, ruft streng die
Polente
und eiserne Klammern umschließen die
Hände
unheilvoll naht das Verhängnis
sein Leben lang droht ihm Gefängnis.
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Zwei Wochen später nach diesem Leid
dort in des Waldeseinsamkeit
nicht weit wo das grausige Geschehn
zwei junge Männer vorübergehn.
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Sie lenken ihre Schritte nach jungen
Buchen...
um im schattigen Moos - Waldfrüchte
zu suchen
vom Waldboden schimmert ein Leuchten
und blenden
ein schneller Griff...... sie halten
eine Uhr in den Händen.
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Beim Betrachten wird ihnen grausig zu
Mute
sie sehen Spuren von dunklem Blute
sie stehen still, beide reden kein
Wort
und legen die Uhr zurück an den Ort.
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Schnell eilen beide den Fund zu
melden
wer wird dem Knecht seine Unschuld
vergelten?
und schon klingt es von Mund zu Mund
als sie berichten vom mysteriösen
Fund.
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Von neuem prüft scharf das Kriminal
diesen verhängnisvollen Mordskandal
es gilt einen schuldlosen zu retten
noch binden ihn eherne Ketten.
Das Rätsel tritt heller zu Tage
zwei Mörder kommen in Frage.
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Die Commission hat am Tatort
festgestellt
das sich ein Wilderer den Hunden
gestellt
der andre schlug die tötlichen Wunden
und waren in Richtung der Buchen
entschwunden.
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Sie hatten dem toten die Uhr noch
geraubt...
Und das Kleinod in ihren Mordhänden
sicher geglaubt
Auf der Flucht an Ort und Stelle
verlor es der wildernde Geselle.
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Doch die verruchten verfolgt ruhelos
der anklagende Tote auf grünem Moos
und zur selben Zeit hinter
Gefängnismauern
die Wände von einem Schwur
erschauern.
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Durch den Gerichtssaal gehts wie ein
Raunen
auf allen Gesichtern erregtes Staunen
der Richter verkündet mit hartem
Munde
des Försters Uhr zeigt die "siebente"
Stunde.
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Das Glas ist zertrümmert, vom Sturz
blieb sie stehn
in der "Wetterbuche" ist die gleiche
Stunde zu sehn
der Freispruch fällt - die Unschuld
ist gerichtlich bewiesen
der Knecht wird die Freiheit
begrüßen.
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Dort wo die ur-alten Buchen stehn
die Regen und brausenden Sturmwind
bestehn...
lehnt grauhaarig ein Holzfällerknecht
dem "Laubriesen" dankt er "Freiheit
und Recht."
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Er betrachtet die Runen mit herben
Munde
und denkt zurück an jene Stunde
die Augen unruhig in der Ferne suchen
seine Lippen leise die Mörder
"verfluchen".
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Ende
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Burkhardt
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